Wenn Sie sexuell belästigt werden, sollten Sie damit auf keinen Fall allein bleiben. Sprechen Sie mit FreundInnen oder Angehörigen darüber oder mit Kolleginnen, die auch davon betroffen sind. In der Beratungsstelle des Frauennotrufs hören wir Ihnen zu und unterstützen Sie.

Sexuelle Belästigung kann an unterschiedlichen Orten stattfinden. Sie kommt am Arbeitsplatz vor – in der Chefetage wie auch im direkten Kundenkontakt, in der Heilbehandlung beim Arzt oder Therapeuten oder auch im Alltag auf der Straße. Sexuelle Belästigung ist ein Verhalten mit sexuellem Inhalt oder auch nur einem sexuellen "Unterton", wodurch sich eine Frau bedroht, belästigt oder erniedrigt fühlt.

Darunter fallen Verhaltensweisen wie z.B.:

  • anzügliche Bemerkungen, taxierende Blicke, Pfiffe,
  • Telefongespräche oder Mails mit sexuellem Inhalt, z.B. pornographischen Bildern,
  • aufgedrängte Küsse und scheinbar zufällige Berührungen,
  • Aufforderung zu sexuellen Handlungen

Gut 70% aller berufstätigen Frauen sind von massiven Formen sexueller Belästigung betroffen. Werden auch "leichtere" Übergriffe wie anzügliche Bemerkungen und taxierende Blicke mit einbezogen, so sind es sogar über 90%. Die Zahlen machen deutlich, dass sexuelle Gewalt im Arbeitsleben fast alle Frauen betrifft und damit ein gesellschaftliches Problem ist.

Viele Frauen, die sexuelle Belästigung erleben, empfinden Ekel, Verunsicherung, Wut, Hilflosigkeit oder Scham. Jede Frau reagiert unterschiedlich. Die Folgen für die betroffenen Frauen sind vielschichtig und können sowohl seelische als auch körperliche Probleme sein. Sie reichen von Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, bis hin zu massiven Ängsten und Selbstwertproblemen. Für die meisten Frauen geht die Motivation, z.B. zur Arbeit zu gehen, verloren.

Sexuelle Belästigung kann auch Unsicherheit auslösen. Viele Betroffene sind sich nicht sicher, ob sie überhaupt sexuell belästigt werden. Die Belästigung geschieht oft subitl und versteckt. Viele Frauen haben auch Angst davor, wie Freunde oder KollegInnen darauf reagieren. Sexuelle Belästitung wird immer noch häufig bagatellisiert und nicht ernst genommen.  

Zunächst ist es wichtig, sich selbst klarzumachen, dass man sexuell belästigt wird. Es handelt sich nicht um schmeichelhafte Handlungen, sondern um ein gesetzlich verbotenes Verhalten! Die Wahrnehmung einer Belästigung ist oft sehr individuell und verschieden, das darf auch sein! Ein Flirt geschieht beidseitig, sexuelle Belästigung ist einseitig! In den meisten Fällen ist sich der Belästiger sehr wohl bewusst, wann er eine Grenze überschreitet, spätestens dann, wenn er zur Unterlassung aufgefordert wird.

Wenn der Belästiger bekannt ist, hilft es vielen Frauen, diesen zur Rede zu stellen und die Belästigung zurückzuweisen. Wenn Sie keine persönliche Konfrontation möchten, können Sie Ihm auch per Mail oder Brief mitteilen, dass sein Verhalten unerwünscht ist. Dabei können Sie ankündigen, weitere Schritte wie z.B. eine Beschwerde einzuleiten, sollte er nicht aufhören.

Seit 2016 hat sich das Gesetz geändert. Hier wird sexuelle Belästigung definiert als körperliche Berührung, die in sexuell bestimmter Weise geschieht und dadurch belästigt wird. Dies ist seitdem gesetzlich verboten und kann bestraft werden.

Abzugrenzen ist die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Hier gilt das AGG: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll bei der Einstellung und während des Arbeitsverhältnisses vor Diskriminierung und sexueller Belästigung schützen (§ 3 Abs. 4 AGG). Dort ist sexuelle Belästigung als ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten beschrieben, welches bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Dazu gehören z.B. auch Bemerkungen sexuellen Inhalts oder auch das sichtbare Anbringen pornographischer Darstellungen. Es müssen somit keine körperlichen Berührungen erfolgen, damit die Belästigung gesetzliche Folgen hat. Eine Belästigung erfolgt dann, wenn sich eine Person belästigt fühlt, was auch hier sehr individuell und unterschiedlich sein kann. Auch hier gilt: Ein Flirt geschieht beidseitig, die Belästigung ist einseitig! Spätestens nach Aufforderung zur Unterlassung muss die Belästigung aufhören.

Ein solches Verhalten am Arbeitsplatz ist verboten und das AGG garantiert das Recht, eine Beschwerde bei der zuständigen Beschwerdestelle des Betriebs oder der Dienststelle einzureichen (§ 13 AGG). Auch können Sie sich mit ihrer Situation an Gleichstellungsbeauftragte, Betriebs- oder Personalrat wenden. Es ist ebenso verboten, eine Person nach und wegen der Wahrnehmung ihres Beschwerderechts zu benachteiligen (§ 16 Abs. 1 AGG). Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin ist verpflichtet, Sie mit geeigneten Maßnahmen vor sexueller Belästigung zu schützen, z.B. durch Abmahnung, Versetzung oder Kündigung des Täters. Tut er das nicht, so haftet er insbesondere für gesundheitliche Schäden Ihnen gegenüber.

Der Frauennotruf kann Sie beraten und mit Ihnen ein mögliches Vorgehen besprechen. Auch wenn Sie keine Beschwerde einreichen möchten, können wir Sie in ihrer Situation unterstützen.

Werden bei einer sexuellen Belästigung strafbare Handlungen begangen, so kann dagegen Anzeige erstattet werden, z.B. bei Stalking oder sexueller Nötigung.